Bernhard Niesmann

 Militärischer Werdegang Bernhard Niesmann
 

Mein Großvater Bernhard Niesmann wurde am 18.08.1920 geboren.

Durch den frühen Tod seines Vaters bekam er von staatlicher Seite schon früh einen Vormund. Nach seiner Schulausbildung sollte er eine Stelle bei einem hiesigen Bauern als Knecht antreten. Da dies aber meinem Großvater gar nicht zusagte und er stattdessen eigentlich lieber zur See fahren wollte, versuchte er sich dem zu widersetzen. Das war aber nicht so einfach und da man damals sehr für die Wehrmacht warb, meldete es sich stattdessen freiwillig.     

Am 30. 10. 1940 trat er dann in die Wehrmacht ein.

Er erhielt seine Ausbildung in der 1. Kompanie des Infanterie Ersatz Bataillon 236. Der Standort dieses Bataillons war Detmold in Westfalen

 

Nach seiner militärischen Ausbildung wurde er am 20.11.1940 zur 9. Kompanie des Infanterie Regiments 18 versetzt. Das Infanterie Regiment 18 unterstand der 6. Infanterie Division unter dem Generalleutnant Auleb. Sein Bataillonskommandeur hieß Major Neuhoff sein Kompanieführer war in den ersten Wochen ein Hauptmann Noack und ab Anfang 1941 ein Oberleutnant Tietjen. Dieser Oberleutnant Tietjen unter dem mein Großvater den ganzen Krieg diente muss ein freundlicher und kameradschaftlicher Soldat gewesen sein. Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „ein körperlich kleiner, aber sehr tüchtiger Offizier, der entschlossen war, seine soldatischen Pflichten gut zu erfüllen. Im Zivilberuf war er Beamter bei der Stadtverwaltung, sehr Kameradschaftlich zu seinen Soldaten, aber außerordentlich genau und korrekt. Er war immer irgendwie beschäftigt, freundlich aber eben beschäftigt und dienstlich. Er schulte systematisch den Stolz und das Ehrgefühl seiner Leute. Ein Ausspruch von ihm war < Jungs, wir werden niemals die Letzten, sondern die Ersten sein, denn wir sind Soldaten der 9. Kompanie.>"

In der Zeit vom 20.11.1940 bis Ende März war mein Großvater in Frankreich. Das Infanterie Regiment 18 wurde zum Küstenschutz zwischen den Orten Vierville und Bayeux eingesetzt. Aber nur ein Drittel wurde tatsächlich dafür benötigt und somit erhielt der Rest des Regiments eine zusätzliche Ausbildung um den Ersatz zu dem auch mein Großvater gehörte zu vollwertigen Soldaten zu machen. Zitat aus dem Buch Infanterie Regiment 18 „ Für die nicht zur Küstensicherung eingesetzten Teile begannen harte Wochen der Ausbildung. Scharfe Winde von der offenen Küste und lang anhaltender Regen machten der Truppe zu schaffen.“

In dieser Zeit erkrankte mein Großvater auch an der Lunge und lag in der Zeit vom 28.12.1940 bis zum 25.01.1941 erst im Ortslazarett St. Lo und später im Kriegslazarett Rennes in Frankreich.

Ende März wurde das Regiment nach Goldap in Ostpreußen verlegt und war dort Zitat aus dem Buch Infanterie Regiment 18 „ Zum Schutze der deutschen Ostgrenze eingesetzt.“ In den Monaten April und Mai wurde das Regiment immer weiter Richtung Osten verlegt. Das III Bataillon welchem auch die 9. Kompanie angehörte wurde in die Ortschaft Filipow in Polen nahe der Demarkationslinie zwischen Russland und Deutschland verlegt. Der Ort Filipow liegt in der Nähe der Stadt Suwalki. Am 22. Juni 1941 begann das Unternehmen Barbarossa (Angriff auf Russland).

Das Infanterie Regiment 18 überschritt die Grenze und drang vor nach Litauen. In den ersten beiden Tagen muss das Regiment gut durchgekommen sein. Denn die Soldaten haben ca. 100 Kilometer zurückgelegt. Zitat aus dem Buch Infanterie Regiment 18 „ Sie hatten bei großer Hitze in zwei Tagen 100 km zurückgelegt und litten unter dem dichten Staub, der die ganze Marschstraße einhüllte.“ Die Verluste waren „gering“ es waren 2 Offiziere und 29 Mannschaften gefallen. In den folgenden Tagen sollte das III Bataillon ein Waldgebiet südlich der Straße nach Memel von russischen Soldaten „Säubern“. Grund dafür waren niedergeschossene deutsche Meldesoldaten. Die 10 Kompanie und die 11 Kompanie wurden dazu abgestellt.
Die Kompanie meines Großvaters blieb in Reserve und Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „ Jeder nicht benötigte Mann legte sich hin und versuchte zu schlafen.“ Die nächsten Tage waren vom Strapaziösen Marsch Richtung der Stadt Lida gezeichnet. Am 1. Juli wurde ein Ruhetag für die Truppe angesetzt. Dieser wurde genutzt um Bekleidung, Waffen und Ausrüstung zu überholen. In den nächsten Tagen ging es Zitat aus dem Buch Infanterie Regiment 18 „ bei heißem, schwülem Wetter weiter über Tusomance (2.7.)-Klewica(3.7.) in den Raum um Oszmiana (4.7.).“

In Oszmiana wurde durch das III Bataillon, dem auch mein Großvater angehörte eine Razzia durchgeführt bei der Zitat aus dem Buch I.R. 18 „66 Kommunisten und 33 als Partisanen verdächtige Männer verhaftet werden.“

In den nächsten Tagen ging es durch die Orte Karolinka (5.7.), Dziewietnie (6.7.) und Balasce (7.7.)

Am 8. Juli wurde weiter marschiert da das Regiment den Anschluss an die 80 km entfernten Panzerverbände der 6 Infanterie Division herstellen sollte.

Zitat aus dem Buch I.R. 18 „Täglich werden trotz miserabler Wegeverhältnisse bei sengender Hitze 40-50 km zurückgelegt. Über Kapuscicze (8.7.), Bojary-Wolkolata-Sitce(9.7.), Parafianow-Dokszyce erreicht das Regiment am 10.7. Torguny.“

Am 11.7 wurde die alte russische Grenze unweit des Flusses Beresina überschritten und bei Starina gerastet.

Am 11.7 erhielt das I.R.18 den Befehl bei der Ortschaft Gomelj durch die starken Befestigungen an der „Stalinlinie“ (so hieß die Grenzbefestigung entlang der alten russischen Grenze) zu brechen.

Ein Unbekannter Soldat des III Bataillon dem ja auch mein Großvater angehörte hat seine Erlebnisse nach dem Kampf aufgezeichnet. Ich möchte sie hier aufschreiben da sie die Kämpfe gut wiedergeben.

„Im Abschnitt unseres Bataillons liegt eine Seen-Enge, eine Straße führt hindurch, die in Höhe der Enge von 6 Bunkern flankiert wird: 6 ungefügte Betonklötze, erhöht eingebaut, mit gutem Schussfeld. Zwei oder drei von ihnen beherrschen den dürftigen Übergang über das Fließ, gleich im Ausgang eines feindbesetzten Straßendorfes. Das also wird endlich der Tag der Infanterie! Die Krönung der harten Märsche und der heißen Flüche…
In der Nacht zum 15. Juli sind die Bataillone in ihre Bereitstellungsräume eingerückt. Nun liegen die Männer in Ähren und Buschwerk, einzeln und in Gruppen, schlafen, träumen vielleicht, denken allerlei und – warten. Um 5 Uhr setzt schweres Feuer ein. Da wird auch der letzte Landser helle wach. Das ist ein Feuer! Die schweren Mörser geben den Ton an. Die Flak schmettert dazwischen. Von den Abschüssen zittern hier vorne Laub und Helm. Die Einschläge liegen wie dumpfe Wirbel auf den Bunkern des Feindes… Langsam, viel zu langsam rücken die Zeiger auf sechs. Endlich ist es soweit. Ruhig erheben sich überall die Männer. Die Züge, die Kompanien, die Bataillone sammeln und ziehen durch Korn und Klee nach vorn. Das III Bataillon erreicht in zügigem Vorgehen das Dorf. Die Stoßtruppen der 9. und 10. Kompanie liegen schon bald zwischen den Trümmern der letzten Häuser, direkt vor der zerstörten Brücke. die ersten Männer springen zwischen Mauerresten zum Fließ hinunter. Verwegen arbeiten sie sich im feindlichen Feuer über die letzten Balken, die verkohlt und zerbrochen aus dem Wasser ragen. Schon bald sind sie drüben und liegen unmittelbar unter den Bunkern. Die Kompanien folgen dicht auf… Der letzte Mann ist noch nicht im Dorf, da keuchen die ersten schon jenseits der Höhen hinauf, heran an die Bunker mit den feuerspuckenden Scharten. Alles andere ist das Werk von Augenblicken: Eine Hand voll verstörter Gefangener… ein wirrer Haufen toter Russen. die ersten Bunker schweigen.“

Das mein Großvater an diesen Kämpfen mitgewirkt hat ist auch anhand anderer Bücher nachzulesen.

Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Die Granaten heulten über die Köpfe unserer Stoßtrupps als die Männer von Tietjens 9. und Stolzes 10. Kompanie, so schnell sie konnten, den Hügel hinunter auf das an Gomelj angrenzende Flachland hinausliefen. In wenigen Minuten waren sie in dem brennenden Dorfe. Hunderte von Augenpaaren verfolgten gespannt ihr Vorwärtskommen. Die 11. und 12. Kompanie lagen vorläufig in Reserve.“

Die folgenden Tage waren wieder gezeichnet von langen Märschen Obolj – Szirotino (19.7.), Gorodok(20.7.), Ruhtag am 21.7, Markowitchi (22.7.), Ostrowskieje (23.7.), Drosdy (24.7.), ostw. Welish(25.7.), Szuki-Sloboda(26.7.), Wassykino(27.7.). Im Raum Petroschata-Stabnow auf dem Ostufer der Jelscha wurde dann eine Unterkunft errichtet. Am 28.7 erreichte das Regiment den Schtschutsche See. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Regiment vom 22. Juni bis zum 28. Juli eine Strecke von rund tausend Kilometern zurückgelegt. Bis Moskau waren es Luftlinie noch 300 Kilometer. Am 30 Juli erhielt das Regiment den Befehl nicht weiter vorzurücken sondern Verteidigungsstellungen auszubauen Die 6. Infanterie Division erhielt einen 45 Kilometer breiten Abschnitt zur Verteidigung zugewiesen. Davon entfielen etwa vier Kilometer auf das III Bataillon. Am 2.8 wurde das Regiment von Reitenden Einheiten angegriffen. Sie brachen beim I Bataillon ein und das III Bataillon musste den durchgebrochenen Feind aufhalten um die Hauptverteidigungslinie herzustellen. Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Die 9. Kompanie war auf russische Infanterie gestoßen, hatte verschiedene feindliche Gruppen vernichtet und eine große Zahl Gefangener gemacht.“ Am 3.8 erhielt das III Bataillon den Befehl die Russen über den Fluss Mescha zurückzuwerfen und ihre Geschütze zu erbeuten oder vernichten. Dies bedeutete Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Fünfzehn Kilometer in feindliches Gebiet! Hügelige Gegend, undurchsichtiges Busch- und Waldgelände! Die Kosaken wahrscheinlich noch da…“

Unterstützung erhielten sie durch drei Panzer. Nach ein paar Kilometern im feindlichen Gebiet sind die Soldaten dann von russischen Soldaten beschossen worden. Die 10. Kompanie umging das Dorf um den Rückzug der Russen stoppen. Dann griffen die 3 Panzer und die 9. Kompanie das Dorf frontal an mit der Unterstützung von der 12 schweren Kompanie durch Granatwerfer und schweren Maschinengewehren. An diesem Tage wurden 140 Gefangene gemacht zudem eine große Masse an Waffen und sonstigem Kriegsmaterial erbeutet. Das III Bataillon hatte 6 Tote und 29 Verwundete zu beklagen. Bis zum 26.8. gab es keine größeren Angriffe, aber am 27.8 durchbrachen etwa 6000 Mann russischer Infanterie, Stellungen des Nachbarregiments 37. Das II Bataillon des Infanterie Regiments 18 sollte die Hauptverteidigungslinie wieder schließen. Das III Bataillon erhielt den Auftrag Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „ bei der Vernichtung der durchgebrochenen und nun umzingelten Feindtruppen zu helfen.“ Es fielen an diesem Tage über 220 Soldaten beider Regimenter. Bis zum 21.9 herrschte wieder Ruhe im Regiment.
Am 22.9 erhielt Das III Bataillon den Befehl die Stellungen am Schtschutsche See aufzugeben und in Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „vorbereitete Stellungen bei Rekta, fünfzehn Kilometer südwestlich von Byelyi, vorzurücken. Das war unser Bereitstellungsraum für den Angriff auf Moskau. Um dem Feinde unsere Bewegungen zu verbergen, marschierten wir nur bei Nacht.“ Das Wetter muss zu diesem Zeitpunkt nicht das Beste gewesen sein. Die Straßenverhältnisse werden als matschig und morastig beschrieben.

Am 26.9 erreichte das Bataillon die neuen Stellungen. Am 30.9 wurde das Regiment aus der 6 Infanterie Division herausgelöst und der 1. Panzer Division unterstellt. Am 2.10 begann eine neue Offensive in der das III Bataillon wieder die erste Angriffswelle bilden sollte. Um 6.00 Uhr begann die Offensive. Das III Bataillon hatte die Aufgabe Zitat aus dem Buch I.R. 18 „aus dem Bereitstellungsraum nordwestlich von Erchowo die festgestellten Befestigungen 3-4 km westlich des Ossotnja – Sumpfgebietes zu durchbrechen und als erstes Zwischenziel, bei den Shidki – Höhen die Höhe 215 zu nehmen.“ Dies bedeutete Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Niemandsland, russische Sperrfeuerräume, Minenfelder und Stacheldrahtverhaue. Danach kamen feindliche Bunker und Grabenstellungen, mit MG’s, Scharfschützen und Gegenstoßreserven.“ Um 12.00 Uhr wurde die Höhe 215 genommen. Es fielen an diesem Tage 43 Soldaten des Infanterie Regiments 18 und 125 wurden verwundet.
Am 3.10 wurde das Regiment wieder aus dem Verband der 1. Panzer Division entlassen und wieder der 6. Infanterie Division unterstellt. Am 4.10 kann es die wichtige Panzerstraße Wjasma – Bjeloj bei Komary erreichern. Am 11.10 fiel die Stadt Szytschewka. Bei immer schlechter werdenem Wetter Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Die Temperatur fiel weiter und den ganzen Tage hatten wir starkes Schneetreiben. Auf der Straße blieb er jedoch nicht liegen – er wurde in die Erde gepflügt in welche unsere Fahrzeuge tiefer und tiefer einsanken.“ musste das III Bataillon mit einer Reiterschwadron und Teilen einer Aufklärungsabteilung den zurückflutenden Russen nordöstlich der Stadt den Weg abschneiden. Es fielen an diesem Tag 7 Soldaten des III Bataillon.
Am 14.10 überquerte das Regiment bei Subtzow zum ersten Mal den Oberlauf der Wolga.
Am 16.10 stand das Regiment etwa einen Tagesmarsch vor der Stadt Kalinin. Von dort aus sollte der letzte Stoß auf Moskau gehen. Aber das Wetter hatte sich noch mehr verschlechtert. Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Die Temperatur fiel. Hagel und Schnee wechselten sich ab, dann folgte wieder Regen. Infanteristen und Reiter plagten sich ihren Weg durch klebenden Matsch vorwärts.“ Trotz dessen überquerte das III Bataillon am 21. 10 wieder die Wolga zwischen Staritza und Kalinin die Zitat aus dem Buch I.R. 18 dort 164 m breit ist.“ Das Bataillon drang Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „unter Brechung allen Widerstandes 30 Kilometer auf die Stadt Torshok vor.“ Am 25.10 nahm das Infanterie Regiment 18 mit Hilfe von Sturzkampfbombern die Stadt Moschki ein.

Am 26.10 setzte das II und das III Bataillon über den Fluss Tjma und griffen den Ort Durulino an. Auch dieser Ort wurde genommen. Nachmittags warf das III Bataillon den der Ortschaft Matjukowo angreifenden Feind zurück und besetzte auch diesen Ort. Einige Tage später erhielt das III Bataillon bei dem Dorf Knjasewa einen etwa drei Kilometer langen Verteidigungsabschnitt zugewiesen.
Am 2.11. den Befehl diesen zu Winterstellungen auszubauen.
Am 7.11. griffen russische T-34 Panzer das Dorf an konnten mit Mühe und Not aus diesem heraus gehalten werden. Das Wetter machte den Soldaten ebenfalls wieder zu schaffen. Zitat aus dem Buch Endstation Moskau „Soldaten sitzen in Gräben ohne Winterbekleidung ! Sie haben nichts als einen gestrickten Kopfschützer für ihre Ohren! Der Wind pfeift durch die zerschlissenen Uniformen!“ Zu diesem Zeitpunkt sind auch die ersten Fälle von Fleckfieber welches durch Läuse übertragen wurde im III Bataillon aufgetaucht.

Bis dahin waren auch schon 118 Soldaten des III Bataillons gefallen. Am 13.11 wurden die ersten Erfrierungen gemeldet. Irgendwann in den folgenden Tagen erhielt das Bataillon folgenden Befehl: >>Das III Bataillon, Infanterie Regiment 18, hat sofort eine Kompanie zur Partisanenbekämpfung im rückwärtigen Gebiet abzustellen. Die Kompanie soll feldmarschmäßig ausgerüstet und in Gefechtsordnung abmarschieren. Ihr Einsatz ist für die Dauer von sechs bis acht Wochen vorgesehen.<<

Die 9. Kompanie wurde dazu abgestellt. Da ja mein Großvater dieser angehörte möchte ich den genauen Wortlaut des Kompanieführers Tietjen und des Bataillonskommandeurs Neuhoff wiedergeben. Welchen ich dem Buch Endstation Moskau entnehmen konnte.

Tietjen wurde zum Bataillonsgefechtstand gerufen und Neuhoff erklärte ihm seine neue Aufgabe.

>>Jawohl, Herr Major!<< sagte Tietjen, ohne seine Überraschung zu zeigen. Seine Augen verrieten Vergnügen über diesen besonderen Einsatz und Bedauern, dass er für eine Weile vom Bataillon Abschied nehmen musste. Am nächsten Morgen um 9. Uhr stand seine Kompanie feldmarschmäßig angetreten vor dem Bataillonsgefechtstand. Oberst Becker und Major Neuhoff schritten die Front ab. Es war ein verhältniswarmer Tag – nur einige Grade unter Null. Aber dichter Schnee fiel auf die Männer der 9. Kompanie, als sie in ihren Sommeruniformen abmarschierten.

Wir haben Oberleutnant Tietjen und seine 180 Mann niemals wieder gesehen. Sie kehrten nicht zum Bataillon zurück, sondern kämpften bis Kriegsende tapfer und erfolgreich gegen die Partisanen. Die Männer operierten völlig auf sich selbst gestellt und hatten sich bei ihrer gefährlichen Aufgabe ganz und gar auf ihr Können zu verlassen. Allmählich schlossen sich ihnen immer mehr russische Freiwillige an. die Kompanie wurde immer größer und bekannter, bis sie weit und breit als >Tietjens Einheit< berühmt war. Die russischen Freiwilligen waren tapfere Kämpfer die mit ihren deutschen Kameraden in dem sich entwickelnden Partisanenkrieg wie Nomaden lebten. Die Kommunisten setzten einen Preis auf Tietjens Kopf. Viele Male wurde er beinnahe gefangen, aber er brachte es immer fertig in letzter Sekunde zu entkommen. Allerdings fand mancher seiner Männer in der Hand der Partisanen einen grässlichen Tod.

Ab diesem Zeitpunkt konnte ich nichts mehr feststellen über seinen Verbleib. In weiterer Folge des Krieges wandelte sich Tietjens Einheit die durch die Freiwilligen immer größer wurde zum Ostbataillon 628. Der Bataillonskommandeur war weiterhin Tietjen.
Am 23. November 1943 rollte das Ostbataillon 628 in Richtung Westen, um 22 Uhr ereignete sich die erste Panne. Unweit der Station Malkowitschi fuhr der Zug auf eine Mine. Ein Wagen entgleiste und die Lokomotive wurde beschädigt, Der Zug blieb stehen und um diesen wurden Wachen aufgestellt. Es wurde eine neue Lok angefordert und ein Arbeiterzug traf ein.
Am 24 November um 9 Uhr traf die neue Lok ein und die Fahrt ging weiter. In Baronowitschi wurde längere Zeit gehalten.
Am 25 November fuhr das Bataillon an Wolkowyszk vorbei und kam gegen 22 Uhr in Seidlez an.
Nach drei Tagen, es war der 26 November erreichte das Bataillon Warschau wo aber nicht lange Halt gemacht wurde.
Am 27 November erreichte man Deutschland. die Fahrt ging über Thüringen ohne Aufenthalt. Am 29 November erreichte das Bataillon die französische Grenze und in den frühen Morgenstunden des 30. Novembers erreichte man Nancy. Von dort ging es weiter über Pont á Mosson, Charleroi nach Belgien weiter. Am ersten Dezember trafen die Soldaten des Bataillons in Antwerpen ein und der Zug wurde desinfiziert. Sämtliche Soldaten kamen in eine Anstalt und wurden dort entlaust. Nach dieser Prozedur wurden sie wieder verladen und man fuhr weiter durch Belgien. Am nächsten Tage traf man in Brügge ein. Durch die 9-tägige Fahrt waren die Beine der Pferde steif geworden und so marschierte man mit den Panjewagen durch Brügge. Im Stadtteil St. Croiy wurde das Bataillon in einem Barackenlager untergebracht.
Am 3. Dezember mussten sich die Soldaten einer zweiten Desinfektion unterziehen. Danach wurde das Bataillon in eine belgische Kaserne in der Stadt verlegt. Es herrschte eine freundliche Stimmung der Bevölkerung gegenüber den Soldaten. Das ganze Bataillon besuchte an diesem Tag eine Vorstellung im Kino.
Am 5. Dezember kam der Befehl dass das Bataillon nach Holland in die Stadt Sluis verlegt wird. Nach einem Fußmarsch von 21 km kam man dort am 6. November an. Das Bataillon war wie folgt untergebracht: Die 2. Kompanie in einer ehem. Zollkaserne der Holländer am Rande der Stadt. Die Offiziere in einem Hotel in der Stadt und die 1 u. 3 Kompanie in einem französischen Lyzeum an dem anderen Ende der Stadt. Leider kann ich nicht mehr nachvollziehen in welcher Kompanie mein Großvater kämpfte. In den folgenden Tagen geschah nichts außer dass, das Bataillon vom Regimentskommandeur des Grenadier-Regiments 745 dem das Ostbataillon unterstellt war besichtigt wurde. Zudem wurden sämtliche Waffen überprüft und als unbrauchbar befunden. So bekam das Bataillon neue Gewehre und MG 08/15. Nach den Strapazen im Osten konnten sich die Männer erholen.
Am 30 Dezember wurde mit dem ganzen Bataillon ein Manöver in Richtung des Badeortes Knocke durchgeführt. Abends spielte eine Schauspielergruppe im Saal des Lyzeums für das Bataillon. Silvester feierten die Soldaten in den Kantinen und die Offiziere im Kasino. Am 1.und 2. Januar wurde nur kleiner Dienst gemacht.
Am 4. Januar wurde für das Bataillon Probealarm gegeben. Dabei wurden alle Stützpunkte und Sperren besetzt. Zu dieser Zeit fuhr Generalfeldmarschall Rommel durch die Stadt. Am 11. Januar wurde der Bataillonskommandeur Hauptmann Tietjen zum Major befördert. Am 12. Januar besuchten alle drei Kompanien ihre vorgemerkten Verteidigungsabschnitte. und machten sich mit den Anlagen vertraut. Die folgenden Tage waren geprägt von Übungen und Veränderungen im Personalwesen. Zudem wurde das Bataillon in das 745. Grenadier-Regiment eingegliedert. Ein neuer Befehl kam am 25 Januar im Bataillon an. Das Bataillon sollte auf die Insel Walchern verlegt werden. Dieser Befehl hatte wenig gefallen gefunden da sich das Bataillon darauf eingestellt hatte die Stellungen des ehemaligen 1. Bataillons des Grenadier-Regiments 745 zu übernehmen.
In der Nacht zum 29. Januar marschierte das Btl. aus ihren Unterkünften ab. Im Fussmarsch wurde die Station Maldeghem erreicht, wo das Btl. in einen Zug verladen wurde. Die Fahrt ging über Antwerpen, Mecheln und Middelburg auf die Insel Walchern. Um 0.30 Uhr traf der Transport auf der Insel Walchern ein und die Kompanien bezogen Lager in Baracken am Dorf Frauenholder. Am nächsten Tag wurden die Kompanien auf ihre neuen Stützpunkte entlang der Küste zwischen Veere und des Stützpunktes Fushijama eingewiesen. Da vieles auf den Stützpunkten noch unfertig war stand den Kompanien noch viel Arbeit bevor. Die folgenden Wochen bestanden wieder aus Personalveränderungen und dem Ausbau der Stützpunkte, zudem wurden die Soldaten auf verschiedene Waffensysteme geschult, da auch mit Beutewaffen gekämpft werden musste. Am 06.06.1944 wurde um 2.30 allgemeiner Alarm gegeben. Ab da mussten die Soldaten bei ihren schweren Waffen schlafen.
Am 28. Juli traf das 70. Füsillierbataillon ein welches das Ostbataillon 628 ablösen sollte ein. Am 30 Juli wurden die Vorbereitungen zur Ablösung der Kompanien getroffen. In den frühen Abendstunden des 2. August kam das Btl. in Vlissingen an und wurde von dort mit einer Fähre nach Breskens gebracht. Von Breskens aus marschierte das Bataillon nach Sluis und so wurde das Btl. als 1. Btl ins Grenadier-Regiment 745 zurückgegliedert. Obwohl die Invasionsfront näher gerückt war ging das Leben wohl friedlich weiter. Alle öffentlichen Einrichtungen gab es noch wie z.B. das Kino.
Am 14. August wurden die 4., 3. und 1. Kompanie mehr nach Westen entlang der Küste verlegt. Die 2. Kompanie blieb noch in den alten Stellungen. Die Kompanien standen an der Küste westl. von Ostende. Am 28. August wurden Marschübungen mit der 1., 3. und 4 Kompanie durchgeführt. Um 8.00 Uhr am 31 August wurde das geheime Kennwort „Brügge“ durchgegeben. Das bedeutete: Die Division muss nach Dixmuiden zum Einsatz abmarschieren. In den Kompanien wurde der Abmarschbefehl geschickt. Um 18.00 Uhr war alles zum Abrücken fertig. Es wurde die ganze Nacht durch marschiert. In den frühen Morgenstunden trafen die Soldaten in Dixmuiden ein und wurden für den Tag im Raum von Mercken untergebracht. Mit der Dunkelheit des 1. September marschierte das Bataillon über Ypern, Messines und Armentieres weiter. Armentieres war schon Frankreich. Morgens am 2. September wurden Quartiere in Radenghem und den Nachbardörfern gemacht. In den Abendstunden wurde befohlen weiterzugehen, um eine vom Gegner besetzte Brücke am Kanal La Basse bei Bercleau zurückzunehmen. Die 4. Kompanie wurde zur Wegnahme der Brücke losgeschickt. Die Brücke wurde genommen und der Kampf am Rande von Bercleau weitergeführt. Bis in die späten Abendstunden wurde geschossen. Am Kampf hatten die 1.,3. und 4. Kompanie teilgenommen die Verluste waren 1 Offizier und ein Soldat gefallen, 2 Offiziere und 11 Soldaten verwundet.
Am 4. September traf die 2. Kompanie in den frühen Morgenstunden ein und wurde sofort an dem Kanal eingesetzt. Der Tag war verhältnismäßig ruhig. Um 21.00 Uhr kam der Rückzugsbefehl. Um 22.00 marschierte man ruhig ab. Es wurde die ganze Nacht wieder durchmarschiert in der Nacht zum 5 September kam das Bataillon an Armentieres vorbei, welches links liegen gelassen wurde. Mit dem Hellwerden blieb man an La Chapelle Armentieres stehen. Die Gegend wimmelte von Widerstandskämpfern.
Am 6. September marschierte man die ganze Nacht und den ganzen Tag. Nur in Moorsele wurde kurz gerastet. In der Nacht zum 7. September kamen die Soldaten in Fichte an. Von vorn hörte man Kampflärm. Ein neuer Befehl traf ein. Der Weg zur Brücke bei Haulebeeke musste freigekämpft werden. Dies gelang auch und so konnte das Btl. die Brücke überschreiten und etliche Kilometer in Richtung Thielt marschieren.
Am 08. September marschierte das Bataillon in Richtung Thielt ab. Die nächsten Passagen des Berichtes gebe ich wortwörtlich wieder, da man sich so am besten den Verlauf der Kämpfe bis zur Gefangennahme meines Großvaters vorstellen kann. „In Thielt stieß die Spitze der Kolonne auf die Engländer. Dabei fielen Major Müller und sein Adjutant (ein ganz junger Leutnant). Es entbrannte ein heftiger Strassenkampf. Die ganze Kolonne blieb auf der Landstraße stehen. Der Kampf des Btls. dauerte am Stadtrand von Thielt längere Zeit, da kam der Befehl, unser Bataillon zurückzuziehen und auf einem Nebenweg nach Thielt auszuweichen. Dieses Manöver gelang auch, nur das Ende der Kolonne wurde von den Engländern beschossen und dabei gingen einige Flugzeuge verloren. Beim Überqueren der Querstraße aus Thielt konnte man denken, dass die Engländer uns den Rückzug abschneiden würden, aber das geschah nicht. Auch der Himmel war frei von Flugzeugen. Nur am Abend hatten englische Flugzeuge eine Kolonne beschossen, welche auch Verluste hatte. Wir hatten wieder Glück gehabt. In den Nachtstunden kamen wir nach Lembecke, welches voll verschiedener Truppenteile war. In diesen letzten 2 Tagen hatte das Bataillon viele Verluste, die leider im Tagebuch nicht vermerkt sind. Verwundet wurden Hauptmann G., auch gab es Verluste bei den Soldaten. Es wurden vermisst: der neu versetzte russische Arzt und manche Soldaten. Es wurde auch gesagt, dass manche Soldaten in die Häuser gelockt und dort festgenommen wurden. Jedoch waren die Kompanien einsatzfähig geblieben.“ Im Zuge dieser Kampfhandlungen wurde mein Großvater wie oben schon geschrieben gefangen genommen Dies geht aus einem Brief hervor den Tietjen an meine Uroma geschrieben hat. Zitat aus diesem Brief „Als Kommandeur ihres Sohnes habe ich die Pflicht, ihnen davon Mitteilung zu machen, dass ihr Sohn seit dem 8.9.44 in Thielt (Belgien) bei der Einheit als vermisst gelten muss. Ich persönlich glaube, dass ihr Sohn während der Absetzbewegungen des Bataillons, in die ein feindlicher Panzer – Angriff hineinstieß und durch den zunächst im Bataillon die feste Verbindung der Kompanien untereinander verloren ging, sich einer anderen deutschen Einheit angeschlossen hat. Leider hat er dem Bataillon noch keinerlei Nachricht zukommen lassen. Ich bedaure das umso mehr, als ihr Sohn als Verbindungsmann und Melder in einer meiner russischen Kompanien wertvolle Dienste geleistet hat. Ich glaube nicht, dass ihrem Sohne etwas Ernstes zugestoßen ist, muss allerdings mit der Möglichkeit rechnen, dass er in Gefangenschaft geraten ist.“ Mein Großvater war in Gefangenschaft geraten und wurde nach Dieppe in Frankreich gebracht. Er wurde von dort aus am 12.09.1944 nach Southampton in Großbritannien gebracht. Vom 13.09.1944 – 16.101945 war er in dem Kriegsgefangenenlager Lanmartin, vom 16.10.1945 – 14.07.46 in dem 681. POW Camp Kenton Park, vom 14.07.46 – 18.10.1947 in dem Kriegsgefangenlager Raynes Park, vom 18.10.1947 – 01.01.1948 in dem Kriegsgefangenenlager Parch Camp in Monymusk und seine letzte Kriegsgefangenenzeit verbrachte mein Großvater in Harwich vom 01.01.1948 – 19.2.48. Am 20.02.1948 traf mein Großvater in dem Transit Camp Münster ein und wurde entlassen.


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Rechts aussen mein Großvater, links ein deutscher Kamerad und mittig ein russischer Kamerad. Leider ist über die beiden nichts bekannt.


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Bernhard Niesmann auf Heimaturlaub. Dienstgrad zu dem Zeitpunkt noch Gefreiter, mit Band zum EK 2 und Infanterie-Sturmabzeichen.


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Das Vermisstenschreiben an meine Urgroßmutter.


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Diese Orden und Ehrenzeichen hat mein Großvater im Verlauf des Krieges erhalten.

Von links nach rechts: Die Medaille “Winterschlacht im Osten 1941/42“ mit dazugehöriger Bandspange, das Infanterie-Sturmabzeichen in Silber, das Eiserne Kreuz 2. Klasse.

Da ich leider nicht nachvollziehen kann, wofür er im Einzelnen diese Auszeichnungen erhalten hat, möchte ich hier die allgemeinen Verleihungskriterien wiedergeben.

Die Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“

Die Ostmedaille wurde verliehen als Anerkennung für Bewährung im Kampf gegen die Rote Armee und den russischen Winter innerhalb des Zeitraums vom 15.November 1941 bis zum 15. April 1942. Die Bedingungen für die Verleihung waren:

a) eine mindestens 14tägige Teilnahme an Gefechten;

b) Verwundung oder Erfrierung, für die das Verwundetenabzeichen verliehen wurde;

c) Bewährung in einem sonstigen ununterbrochenen Einsatz von mindestens 60 Tagen.

Das Infanterie-Sturmabzeichen

Das Infanterie-Sturmabzeichen in Silber konnte an Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Schützenkompanien nicht motorisierter Infanteriedivisionen und der Gebirgsjägerkompanien verliehen werden die vom 1.Januar 1940 ab

1. an drei Sturmangriffen

2. in vorderster Linie,

3. mit der Waffe in der Hand einbrechend,

4. an drei verschiedenen Kampftagen

beteiligt gewesen sind. Erfolgreiche gewaltsame Erkundungen sowie Gegenstöße und Gegenangriffe waren als Sturmtage zu werten, sofern sie zum Nahkampf geführt haben.

Das Eiserne Kreuz 2. Klasse

Das Eiserne Kreuz wurde ausschließlich für besondere Tapferkeit vor dem Feind und hervorragende Verdienste in der Truppenführung verliehen. Die Verleihung einer höheren Klasse setzte den Besitz der niedrigeren Klasse voraus

 

 
 
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